19.07.11

Medienkompetenz

Filter gegen Schundlawine aus dem Netz

“Üble Gewalt, Pornographie, Ballerspiele, Drogen und verlockende Werbung: Das Internet steckt voller Gefahren für die psychische und physische Gesundheit unserer Kinder. “

Als ich das las, war ich schon bedient und bis zu meinem twitterkommentar Bah, wie schlecht ist das denn? war es nicht weit.

Ok, das war pauschal und wenig differenziert ;)

Also versuche ich es mal mit einzelnen Stichpunkten ohne Anspuch auf Vollständigkeit.

1. Das Internet als Hort des “Bösen”.

Das Internet ist ein Teil der Welt. Und diese ist böse und gut und langweilig und spannend und interessant und … kurz gesagt, genauso bunt wie das Leben um uns herum.

2. Medienkompetenz als Filterprogramm

Wir bringen unseren Kindern bei, dass sie nicht mit Fremden mitgehen, dass sie schauen, bevor sie die Straße überqueren. Aber auch dass es viel spannendens zu entdecken gibt. Und dazwischen ist Alltag, mit dem man fertig werden muss …
Sie trainieren ihre Fähigkeiten, mit den Gefahren und Chancen des Lebens umzugehen. Würden wir sie von allem abschotten, hätten sie vielleicht eine nette Kindheit, aber eine langweilige Jugend und wären als junge Erwachsene völlig überfordert.

Kindern Medienkompetenz zu vermitteln ist nicht einfach, weder für Lehrer noch für Eltern. Und auch nicht immer erfolgreich, wie überhaupt die Erziehung und Wissensvermittlung. Aber wegzuschauen und alles auszublenden und zu verbieten erreicht meist nur eins: die Neugier wird geweckt und verstärkt.

Erzieher (Eltern und Lehrer) müssen sich dafür interessieren, was die Kinder mögen. Also auch, was der Reiz an Studivz, Facebook usw. ist. Wie ein Chat funktioniert und was daran so toll ist …

“Schüler kommen so erst gar nicht in Versuchung, sich über die neuesten Handys, Musikgruppen oder Sportereignisse zu informieren, mit Mitschülern in Chats Mitteilungen auszutauschen oder Pornographie herunterzuladen.”

Oder sich gar über Politik zu informieren?

Infos über Fußballergebnisse mit Pornographie in einen Topf zu werfen, ist ja nun ganz schwach und man merkt die Absicht. Man soll zeitig an einen medialen Babysitter gewöhnt werden, statt selbst zu denken.

3. Verunsicherung der Eltern

Durch Verunsicherung werden die Eltern daran gewöhnt, Filtern zu vertrauen statt sich selbst schlau zu machen.

to be continued

PS:
Dass im normalen Unterricht der Zugriff auf Seiten wie twitter, facebook, studivz, youtube etc. ausgeschlossen wird, halte ich für durchaus legitim. Die Arbeit / der Unterricht sollen ja nicht durch Ablenkungen behindert werden. Fernsehen und Bücher/Zeitung lesen sind ja auch nicht erlaubt, wenn es nicht gerade zum Thema gehört.

Kassandra | link | Kat: Internet ist böse, Aktuell |

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  1. Hoffmann    19. Juli 2011    #

    Bei Kindern gelten andere Regeln, wir können unser vollständig liberitäres Weltbild nicht eins zu eins auf sie übertragen. Bei Kindern sind sich fast alle einig, dass wir ihnen manches verbieten müssen und sie bestimmte Erfahrungen eben nicht erstmal selbst machen dürfen; mehr noch, wir wissen, dass es manchmal notwendig ist Kinder aktiv von Dingen abzuhalten weil wir nicht darauf vertrauen können, dass sie sich an unsere Verbote halten. Und ich halte es für notwendig zwischen Kindern und Jugendlichen zu unterscheiden, graduell natürlich, denn der Übergang ist fließend und er lässt sich weder an Klassenstufe noch an Lebensjahren messen.

    Du hast vollständig recht, das Internet ist wie das Leben – und genau wie ich aktiv verhindere, dass ein 11-jähriges Kind allein mal eben nach Hamburg steigt, will ich bei eben diesem Kind auch verhindern, dass es ungefiltert das Internet erkundet. Ich will damit nicht sagen, dass ich dem Kind Hamburg als solchen verbiete, nur alleine in dem Alter. Dafür habe ich zu viel Scheiß im Internet gesehen der Alpträumer verursacht. Und seien es nur Bilder vom letzten Bombenattentat.

    Ich will gar nicht sagen, dass ich den Artikel oder die dahinter steckende Einstellung unterstütze oder gar teile. Ich denke nur, dass das Internet weder ein Sündenpfuhl ist, noch eine heile Welt (hast du nicht behauptet, weiß ich). Ich bin als IT-erfahrenes Elternteil sensibilisiert und wünsche mir eine gemischte Strategie. Die Schule bzw. die Lehrer_innen sollen Medienkompetenz vermitteln (und welche besitzen 11einsELF). Wenn aber in einer konkreten Unterrichtsstunde nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Inhalte zumindest in ausreichendem Maß schon vorhanden und verinnerlicht sind, so sollte auch mal ein Filter verwendet werden – aber eben verhältnismäßig. Ich brauche nicht die Seite von Beate Uhse zu sperren, wenn der Schulweg am Ladengeschäft vorbei führt. Aber genau wie bestimmte Personen zurecht des Schulgeländes zu verweisen werden (Verteiler der Schulhof CD der NPD), finde ich es vollkommen korrekt denen auch im Internet die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

    Ich denke die eigentliche Außeinandersetzung sollte nicht um die Ideologiefrage “Sperren oder Erziehen” geführt werden, beide Strategien haben passende Einsatzszenarien. Ich will lieber darüber reden WAS für WEN und WANN gesperrt/gefiltert werden soll. Das ist diffizieler und nicht so fundamental. Das ist dann eine ehrliche Verhandlung über das Maß an Sicherheit und das Maß an Freiheit, denn prinzipiell verabschieden will ich mich von keinem der beiden Prinzipien.


  2. — Kassandra    20. Juli 2011    #

    (sorry, dass deine Antwort so lange im Filter hängen blieb)

    Mich hat gerade die hinter dem Artikel steckende Einstellung aufgeregt: 1. “Internet ist böse” 2. “Filter für Medienkompetenz”. 3.“Lehrer sollen es einfach haben bei der Erziehung”
    1. ist geklärt (da sind wir uns einig)
    2. Medienkompetenz lernt man nicht dadurch, dass ein Teil rausgefiltert wird (da sind wir uns aber wohl auch einig). Die Technik soll hier Aufgaben erledigen, für die eigentlich der Lehrer/Erzieher zuständig ist.
    3. Klar soll man den Lehrern alle Hilfsmittel in die Hand geben, die sie bei der Erziehung unterstützen und überhaupt ihre Arbeit nicht unnötig erschweren. Aber wenn es im Unterricht um Medienkompetenz geht, haben sie die Pflicht, selbst erst mal Medienkompetenz zu erwerben und dann sie zu vermitteln und nicht wegzuschauen, wenn die Kinder im Web surfen.

    Wird das Web für ergänzende Recherchen in anderen fächern genutzt, ist es legitim, nur entsprechende Seiten freizuschalten. Einfach deswegen, weil (nicht nur) Kinder sich leicht ablenken lassen (aber das schrieb ich ja).

    Zu den 11jährigen (plusminus 1-2 Jahre oder jünger): Die gehen ja wohl in der Schule nicht unbeaufsichtigt ins Internet?
    Eine menschliche Aufsicht mit Medienkompetenz ist hundert mal besser als jeder Filter. Das gilt übrigens für alle Medien. Schau mal Nachrichten während der Abendbrotzeit, vorzugsweise bei Privatsendern …
    Ich hab übrigens zwei inzwischen erwachsene Kinder und weiß, dass Kinder nicht doof sind und beizeiten lernen, Sperren zu umgehen. Vielleicht nicht im Schulnetz, aber anderswo. Da ist es wichtig, dass sie wissen, was sie da tun und womit sie es zu tun bekommen.